Nach Hausdurchsuchung wegen „Schwachkopf“-Meme: Gericht ordnet in Prozess Interviewverbot an

Im November letzten Jahres klingelte bei Rentner Stefan Niehoff plötzlich die Polizei. Anschließend war er mit einer Hausdurchsuchung konfrontiert. Der Grund: Niehoff hatte auf X ein Foto von Robert Habeck mit der Aufschrift „Schwachkopf Professional“ verbreitet. Außerdem soll der Rentner Beiträge anderer Nutzer geteilt haben, die dem Tatbestand der Volksverhetzung zugeordnet werden und Missstände im heutigen Deutschland mit Verhältnissen während der NS-Zeit vergleichen.
Am 18. Juni startet nun der Prozess, in dem es ausschließlich um die Verbreitung von „Erkennungszeichen ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen“ und um Volksverhetzung geht. Das „Schwachkopf“-Meme ist nicht Teil der Anklage. Trotzdem hat das Gericht schon jetzt ungewöhnliche Verbote ausgesprochen – auch für Journalisten.
Das Gericht beruft sich auf das „Hausrecht der Gerichtsleitung“Wie die Welt berichtet, soll der Richter eine umfangreiche Verfügung mit Verboten und Verhaltensmaßregeln für Journalisten und Zuschauer erlassen haben. Darin verbietet er nicht nur „Ton-, Film- und Bildaufnahmen im Sitzungssaal und – darüber hinaus – im gesamten Justizgebäude“, was bei medienwirksamen Verhandlungen nicht unüblich ist.
Ungewöhnlich ist jedoch die restriktive Interviewregelung: „Interviews oder interviewähnliche Gespräche, insbesondere mit Verfahrensbeteiligten, sind im Sitzungssaal und im gesamten Justizgebäude nicht erlaubt.“ Nach Angaben der Welt teilte das Gericht nicht mit, was unter „interviewähnlichen Gesprächen“ zu verstehen sei. Die Anordnung beruhe auf dem „Hausrecht der Gerichtsleitung“.
Diese habe „zwischen dem Interesse an einer ordnungsgemäßen Sitzung einerseits sowie dem hohen Medieninteresse und der Pressefreiheit andererseits“ abgewogen. Abschließend betont das Gericht die Notwendigkeit der „Aufrechterhaltung des allgemeinen Dienstbetriebs, die Interessen anderer Personen und Beschäftigter und den Erhalt der Fluchtwege“.
Das Gericht stellt klar, dass „Gesprächsanbahnungen“ – also kurze Gespräche außerhalb des Sitzungssaals – durchaus erlaubt sind und über die Einrichtung einer Medienzone nachgedacht wird, um Interviews führen zu können. Aber wenn, dann nur in diesem Bereich. In der Vergangenheit hatte sich der angeklagte Rentner Stefan Niehoff immer wieder öffentlich zum Fall und zur Hausdurchsuchung geäußert. Der Anwalt Niehoffs ist der frühere AfD-Politiker Markus Pretzell.
Berliner-zeitung